Bericht vom Retreat mit Thay Phap An in Weyarn 2016

Angefüllt mit Liebe und Mitgefühl schreibe ich diese Zeilen, nach diesem beeindruckenden Tagen mit Thay Phap An in Weyarn. Hier möchte ich meine Eindrücke davon wiedergeben:
Nach einem leckeren veganen Abendessen mit Eintopf und gebratenen Gemüse begrüßten Thay Phap An, Sister Song Nghiem und 4 weitere Mönche und Nonnen aus dem EIAB, die über 70 Teilnehmer des Retreats „Das innere Kind umarmen“.

Im Orientierungs-Vortrag erläuterte Thay Phap An den Unterschied zwischen Arhat (Sanskrit) / Arahat (Pali) – „completely free of suffering“, also „vollkommen frei von Leiden“ – und Bodhisattva („awakened being to the reality of suffering“, also „zur Realität des Leidens erwachtes Wesen“) und konfrontierte uns mit der Aussage, dass wir schon gut sind, wenn wir am Ende unseres Lebens, nach vielen Jahren Praxis, das Leiden um 0.01% verringern könnten. Später relativierte er das aber, in dem er darauf hinwies, dass er damit nicht nur unser individuelles Leiden meint, sondern dass ein Bodhisattva sich ja um das Leiden aller fühlenden Wesen kümmert, und da wäre dieser geringe Prozentsatz schon sehr viel! Außerdem wäre es teilweise scherzhaft gemeint!

Der nächste Tag begann dann um 6 Uhr früh mit einer stillen Sitzmeditation gefolgt von einer Erdberührung. Anschließend leiteten Thay Phap An und Sr. Song Nghiem Qigong Übungen an, mit Blick auf das idyllische Mangfalltal, begleitet von fröhlichem Vogelgezwitscher und dem munteren Quaken der Frösche aus dem hauseigenen „Lotus“-Teich.

Die beiden nächsten Vorträge am Freitag und Samstag begannen jeweils mit einer geführten Meditation von Thay Phap An bei der wir uns schon darin übten, das innere Kind zu umarmen. Dann erläuterte er das Konzept des „inneren Kindes“ aus buddhistischer Sicht, ich gebe hier mein Verständnis davon wieder:

Durch ein äußerst schmerzhaftes Ereignis in der Kindheit entsteht eine Wunde im Speicherbewusstsein. Diese vergrößert sich im Laufe den Lebens durch weitere schmerzhafte Erlebnisse immer mehr und so entsteht ein „block of pain“ („Schmerz-Bündel/Paket“). Das Problem davon ist, dass man dann die Welt durch diesen „block“ verzerrt wahrnimmt, was zu weiterem Leiden bei sich und anderen führt.

Der Lösungsweg besteht darin, in der Meditation die Energien nach unten (Bauchbereich) zu bringen (weg vom Kopf), den „block of pain“ aus dem Speicherbewusstsein zu holen und mit bedingungsloser Liebe zu „umarmen“. Dabei wird dann der block allmählich aufgelöst und seine Energie in Mitgefühl umgewandelt („transformed“).

Weil dieser „block of pain“ sehr schmerzhafte und überwältigende Gefühle auslösen kann, ist es allerdings empfehlenswert dies nur im geschützten Kreise eines Retreats zu tun. Als Übung für Zuhause wäre es besser sich darauf zu beschränken, die guten Samen von Freude und Glück zu wässern und dem „block of pain“ keine weitere Nahrung mehr zuzufügen um ihn so im Speicherbewusstsein ruhen zu lassen.

Generell hilft es erst mal zu akzeptieren was ist („What is, IS!“, oder wie Karl Schmied sagte: „EIWEI – Es Ist Wie Es Ist“). Danach dann mit Liebe und Mitgefühl das zu ändern, was im Rahmen der eigenen Möglichkeiten liegt.

Das Kernstück des Retreats war wohl das „Dharma-Sharing“, der Austausch in einer großen Runde. Thay Phap An lud die Teilnehmer der Reihe nach ein (im Gegenuhrzeigersinn, weil das nach asiatischer Ansicht die Veränderung fördert) über ihre schmerzhaften Erfahrungen in der Kindheit zu berichten. Geschützt durch die Energie der Achtsamkeit im Kreis der Mit-übenden und der Mönche und Nonnen öffneten viele Teilnehmer ihr Herz ganz weit und teilten sehr tiefgehende Verletzungen, die ihnen widerfahren waren. Natürlich gehört es zu den Regeln unserer Gesprächsrunden dies alles vertraulich zu behandeln.

Am Ende meinte Thay Phap An, dass er schon vor der Anreise zum Retreat die leidvolle Energie körperlich wahrnehmen konnte, aber es jetzt spürbar wäre, dass der „block of pain“ schon ein Stückchen kleiner geworden wäre.

Sabine Schaal lud die Teilnehmer ein, nach eigenem Ermessen und in eigenen Worten einen kleinen Artikel über ihre Transformation für die Intersein-Zeitschrift zu schreiben. Wer sich dies vorstellen kann möge ihr oder an die Redaktion eine kurze Nachricht zukommen lassen, damit dies entsprechend eingeplant werden kann.

In der Frage und Antwort Runde am Sonntag stellten einige Teilnehmer Fragen, wie sich das Konzept des inneren Kindes mit dem Konzept des Nicht-Selbst verträgt. Thay Phap An beantwortete dies einmal dadurch, dass es „84.000“ Konzepte im Buddhismus gibt (wohl eine symbolische Zahl). Zum anderen wäre es so, wenn das Leiden zu groß ist, dann funktioniere das Nicht-Selbst nicht und es ist besser diesen „block of pain“ als etwas getrenntes, eben als „inneres Kind“ mit einem gewissen Abstand zu betrachten und zu bearbeiten.

Zuletzt machte uns Thay Phap An nach seinem 0,01% Eingangs-Statement damit Mut, dass wir schon ein Buddha wären, wenn wir durch die Natur gingen und die Blumen und die Vögel genießen und nicht daran festhalten wollten. Außerdem bestünde die wesentliche Erkenntnis von Buddha im „mittleren Weg“, also die Extreme zu meiden. Dies kann man auf viele Bereiche anwenden, auf Askese und Völlerei, und sogar auf die Erleuchtung selbst („no complete enlightenment“)!

Sister Song Nhgiem lud uns noch zu dem großen Sommer-Retreat im EIAB im August ein und hat auch noch zwei spezielle Bitten angeschlossen: Sie sucht einmal dringend jemanden der das Layout des EIAB Newsletters übernehmen könnte, weil dieser schon im August zum großen Retreat erscheinen soll. Und das EIAB hat den dringenden Bedarf an deutschsprachiger Mithilfe, insbesondere für die Beantwortung telefonischer Anfragen, aber auch für Hausmeisterdienste. Wer sich das vorstellen könnte, z. B. Im Rahmen einer Auszeit, möge sich am besten direkt bei ihr unter folgender email-Adresse melden : srsongnghiem@yahoo.com

Ich schließe mit großer Dankbarkeit für Thay Phap An, den Nonnen und Mönchen vom EIAB, Thomas und den vielen Helfen, dem Domicilium und insbesondere den Teilnehmern durch die dieses Retreat zu einem unvergesslichen Erlebnis geworden ist.

Hier sind noch ein paar Impressionen in Bildern:

Thay Phap An erläutert das "innere Kind"

Thay Phap An erläutert das „innere Kind“

 

Der "block of pain" wirkt wie eine Linse, und führt zu einer verzerrten Wahrnehmung

Der „block of pain“ wirkt wie eine Linse, und führt zu einer verzerrten Wahrnehmung

Eine Schwester schreibt den Lied-Text an die Tafel ...

Eine Schwester schreibt den Lied-Text an die Tafel …

"I like the roses ..." liebevoll gestaltet.

„I like the roses …“ liebevoll gestaltet. Und die email von Sr. Song Nghiem für Interessent*innen an einer Mitarbeit im EIAB.

Ingeborg erzählt von der engagierten Arbeit des Maitreya Fonds und sucht Mitarbeiter*innen

Ingeborg erzählt von der engagierten Arbeit des Maitreya Fonds und sucht Mitarbeiter*innen

Gehmeditation im Mangfalltal

Gehmeditation im Mangfalltal

"No mud no lotus"

„No mud no lotus“

Hier quaken die Frösche

Hier quaken die Frösche